Schattenmensch by flo oberforcher

Es ist ungewiss. Keiner weiß Bescheid. Es fehlt an Erfahrung. Die Krise, ausgelöst durch SARS-CoV-2, stellt uns alle vor neue Herausforderungen. Die Betroffenheit zieht sich quer durch alle Gruppierungen und Schichten der Menschheit. Waren viele der vorangegangen Krisen alle auf einen oder wenige Bereiche unseres Zusammenlebens beschränkt, ist diese allumfassende Krise in ihrer Form neuartig. So neu, dass wir auf fast keine Erfahrungen zurück greifen können, weder individuell noch kollektiv. Niemand zuvor musste sich der Herausforderung eines sich weltweit ausbreitenden Viruses stellen. Umgekehrt boten sich aber auch noch niemandem diese Gestaltungsmöglichkeiten für eine gemeinsame Zukunft zur Verfügung. Eine durch und durch spannende Zeit, voll mit Widersprüchen und Potentialen, mit Licht und Schatten.

Auf zu neuen Horizonten by flo oberforcher

Chaos und Ordnung

Die radikalen Einschränkungen zum Schutze der Bevölkerung haben für Chaos in vielen Teilen unseres Zusammenlebens geführt. Schnell haben wir alle am eigenen Leib gespürt, dass sich unser Alltag dramatisch verändert und wie komplex unser tägliches Leben ist. Familie, Schule, Arbeit, Nachbarschaft, Einkaufen, Reisen, Kommunikaiton – alles steht eng miteinander in Verbindung. Kommt auch nur ein Teil davon ins Wackeln, beginnt das ganze System zu schwingen, werden Teile erschüttert, beginnt das System zu zerbrechen. Die gewohnte Ordnung löst sich auf und Chaos macht sich breit. Um ein alltägliches Leben wieder herzustellen, sind verloren gegangene Fähigkeit gefragt. Es schöpferische und kreative Fähigkeiten, die uns helfen, neue Lösungen zu finden. Das Chaos wird zum kreativen Feld, zur Chance für das Neue. Wenn wir Wachsam und Aufmerksam sind, tauchen an vielen Stellen unerwartet neue Ideen auf. Die Menschen werden wieder kreativ und es entsteht eine Lebendigkeit, die sich aus Herausforderung und Möglichkeit speist – eine Neuordnung im Spannungsfeld zwischen dem Alten und dem Neuen.

Living System Model, Art of Hosting . Quelle:

Moment und Bedeutung

When the king of meaning meets the queen of moment. Quelle:
https://transformations.co.za/

Wir erleben viele neue und überraschende Momente, die wir zunächst noch garnicht  einordnen können. Erst viel später verstehen wir, was da eigentlich gerade passiert ist. Im bewussten Trennen von “Moment erleben” und diesem “Bedeutung geben” steckt großes Potential. Geduld ist die Eigenschaft, die uns an dieser Stelle im Chaos hilft. Jene Geduld, die uns im Moment hält und jede Erfahrung im vollen emotionalen Umfang auskosten lässt. Ohne, dass wir uns gleich fragen, was das wohl bedeuten könnte. Für die Trennung zwischen “Moment” und “Bedeutung” braucht es noch etwas: die Pause. Mit Blick auf die Gesamtsituation rund um SARS-CoV-2 und seinen globalen Auswirkungen stehen wir womöglich am Ende eines ersten Moments und im Übergang in die Pause. Das klingt angesichts der hohen Dringlichkeit, schnelle Maßnahmen im wirtschaftlichen und gesundheitlichen Bereich zu setzen, sehr irritierend. Es handelt sich hierbei aber um keine “entweder oder” Frage. Es braucht beides: die schnellen Entscheidungen, um unser Zusammenleben aufrecht zu erhalten und die Geduld für die Pause, in der Neues entsteht, was nicht am Alten anknüpft, sondern nach vorne denkt.

Nachdenken und Vordenken

Es gibt vieles, worüber wir in diesen Tagen nachdenken. Entscheidungen, die von uns oder anderen getroffen wurden, prüfen wir rückblickend auf deren Richtigkeit. Unser Nachdenken ist unweigerlich immer mit dem Blick zurück verbunden. Wir schöpfen aus unseren Erinnerungen und Erfahrungen der Vergangenheit, um zwischen richtig und falsch zu unterscheiden. Das ist hilfreich, weil es uns Sicherheit durch vertraute Gedanken. Gleichzeitig ist es einschränkend, weil wir nur das Potential aus dem Alten schöpfen. Ohne die notwendigen Erfahrungen aus der Vergangenheit braucht es unweigerlich das unvorstellbare Neue. Das erblickt nur das Licht der Welt, wenn wir auch beginnen vorzudenken. Diese Fähigkeit ist weit mehr als nur ein Wortspiel. Das Vordenken unterscheidet ich ganz wesentlich vom Nachdenken. Kann sich dieses nur auf bereits Vorhandenes richten, ist das Vordenken vielmehr ein schöpferischer Akt. Wie kann es uns also gelingen, eine aktive Gesaltungsrolle für unsere Zukunft einzunehmen? In dem wir uns auf “das Finden” von Lösungen konzentrieren. Nicht auf das Suchen! Lösungen finden wir, in dem wir eine Vielzahl an Lösungsansätzen schnell, einfach und unfertig in die Welt setzen. Wissentlich, dass die meisten davon keine Verbesserung erzielen werden. Es reicht aber bereits ein einziger Lösungsansatz, der in seinem Umfeld auf Resonanz trifft. Diese Goldkörnchen gilt es zu finden, besser gesagt, zu hören, zu spüren, zu sehen, zu fühlen, um von diesem Punkt weg weiter zu lernen und zu entwickeln.

Nachdenken und Vordenken by flo oberforcher inspiriert durch die begriffliche Unterscheidung zwischen Nach- und Vordenken (https://anthrowiki.at/Denken#Nachdenken_und_Vordenken) von Rudolf Steiner (https://de.wikipedia.org/wiki/Anthroposophie) und seiner anthroposophischen Lehre.

#daswirus – Von Momenten aus der Zukunft

#wirus – Design by Nicole Berti

#dasWIRus

Durch bewusstes Wahrnehmen im Moment entdecken wir die Zukunft bereits in der Gegenwart. Die aktuelle Krise rund um SARS-CoV-2 dient uns dabei als verstärkender Filter. Wenn wir genau hinsehen, hinspüren und hinhören tauchen allerorts Moment einer wünschenswerten Zukunft auf. Menschen helfen und unterstützen sich in der Nachbarschaft, beginnen sich und anderen wieder Geschichten zu erzählen. Konkurrierende Unternehmen kooperieren für die Entwicklung dringend benötigter Medizinprodukte. Familien erleben eine gemeinsame Zeit, in der miteinander gespielt, voneinander gelernt und füreinander gelacht wird. Vielen Menschen beschert die aufgewungene Pause Zeit zur Ruhe und Erholung. Das gilt auch für die Natur, die sich Dank Mobilitätseinschränkungen und flugzeuglosem Himmel in all ihrer Pracht, in voller Farbe und ohne jegliche Schleier präsentiert. Natürlich zeigen sich auch die Schattenseite dieser Zeit. Das möchte ich gar nicht nur beschönigen. Es ist aber unsere Entscheidung, auch wenn diese nicht immer gleich leicht fällt, worauf wir unseren Fokus setzen und damit jetzt beginnen, unsere Zukunft gemeinsam zu gestalten.